Autor: Lambeck, Gustav, Dietrich, Otto, Rühlmann, Paul, Wilmanns, Ernst
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Geschlecht (WdK): Jungen
Schulbub uiiothek (Einleitung.
Napoleon I. hatte Frankreich zur ersten Macht auf dem europäischen Festlande erhoben. Sein Sturz löschte das Andenken an diese glorreiche 5eit "nicht aus. Um so schmerzlicher empfand es Frankreich, daß unter seinen Nachfolgern die Vorherrschaft verlorenging,- die Unzufriedenheit wuchs und machte sich schließlich in wilder (Empörung Luft (I Alu.3). Das Iulikönigturn fiel, eine republikanische Verfassung wurde eingeführt (I A l). Doch mußte sie bald dem zweiten Kaiserreiche weichen (I B 5). wollte Napoleon Iii. feinen Thron in sicherem Besitz haben, so mußte er Frankreich seine ehemalige Vormachtstellung zurückgewinnen, daher seine Einmischung in die orientalischen (Ii A), die italienischen (Ii B) und die deutschen (Ii E) Angelegenheiten. Huch außerhalb Europas sollte Frankreichs Einfluß maßgebend werden (Ii D). von neuem glänzte französischer Heldenmut, französische stürmische Tapferkeit auf zahlreichen Schlachtfeldern (Ii A3, Ii B3 u. Iid3). Um die durch blutige Kriege erworbene Zuneigung seiner Untertanen sich dauernd zu erhalten, machte der Kaiser Paris zur glänzendsten Hauptstadt der Welt (Ii F 2). Daneben gingen ernste Bestrebungen zur Hebung der sozialen Lage der darbenden Klassen der Bevölkerung, zur Entwicklung des Handels, der Industrie, des Ackerbaus und zur Förderung des sittlichen und religiösen Gefühls (Ii Fl). Der Kaiser trat in enge Verbindung mit dem Papste und schützte ihn gegen jeglichen Angriff (Ii B5 u. Ii C). Zwar waren die Absichten Napoleons betreffs der Neugestaltung Italiens (Ii B 4) und Deutschlands (Ii E 1) nicht voll in (Erfüllung gegangen, aber das Scheitern dieser Pläne hatte seine Stellung nicht erschüttert. Da trat Bismarck auf den Plan, und an seiner klugen und kühnen Politik fand Napoleon seinen Meister, vergeblich machte der Kaiser den versuch, auf diplomatischem Wege den Aufschwung Preußens zu hemmen (Ii E 1 u. 3), er schritt trotz Thiers warnender Stimme (Ii G 2) zur Gewalt, die Kandidatur des Prinzen Leopold auf den spanischen Thron gab den vorwand (Ii G 3), und die französische Regierung verstand es, durch entstellte Darstellung der wirklichen Vorgänge (Ii G 3) die Leidenschaften des französischen Volkes zu entflammen. (Ein neuer Krieg sollte Frankreich seine ehemalige Vormachtstellung zurückgeben (Ii G 3), ein vergeblicher versuch. Die erste Folge war der Sturz des Kaisertums und die (Einführung der dritten Republik (Iii 1), dann traten anarchistische Bestrebungen hervor, sie wurden unterdrückt (Iii 5), und endlich mußte Frankreich im Frankfurter Frieden auf den Anspruch, die alleinherrschende Stellung in Europa einzunehmen, verzichten.
Queuenjammlung 11,132: Dietrich, Frankreich I 1
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Extrahierte Personennamen: Napoleon_I. Napoleon Napoleons Napoleon Leopold Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frankreich Europas Frankreichs Paris Italiens Deutschlands Frankreich Frankreich Europa Frankreich
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des Alterthums, noch der neuern Zeit, der in seiner Entstehung so klein, !
im Laufe weniger Jahrhunderte sich zu einer so riesenhaften Große empor- !
hob, wie der römische. Und wie reich ist seine Geschichte an politischen !
Lehren für Menschen und Volker; wie belehrend durch ermunternde und
warnende Beispiele von allen erhabenen Tugenden, so wie von abscheuli-
lichen Lastern, welche den Untergang des Staates herbeiführten; wie
anziehend durch die eindringlichen Beweise von der Willenskraft des Men-
schen und von der Macht des Schicksals.
Vorzüglich belehrend ist das politische Leben der Römer, da es alle
Verfassungen, durch welche ein Staatsgebäude besteht, mit allen ihren
Vortheilen und Mängeln uns recht deutlich vor Augen stellt; eine durch
Aristokratie beschränkte Monarchie oder Königsherrschaft, dann eine aus-
gebildete Aristokratie oder Patricierherrschaft, gegen deren Druck die Ge-
meinde der freien Bürger oder Plebejer ankämpfend, zuletzt Gleichheit der
Rechte erzwang und so eine gemischte republikanische Verfassung darstellte,
in der sich die Aristokratie mit der Demokratie versöhnt zu haben schien.
Das war die gute Zeit der Republik, wo die Verfassung in ihrer ganzen
Vollkommenheit lebte und der Römer in seinen glänzendsten Eigenschaften
sich zeigte, die durch alle Zeiten eine Ehrfurcht erregen, wie wir sie bei
der Betrachtung keines andern Volkes empfinden können. Als aber durch
die Reichthümer und Lüste Asiens das innere Leben des Volkes immer mehr
sich verschlechterte, und bisher unbekannte Begierden und Laster sich der
Menschen bemächtigten, da erhob die gesunkene Demokratie wieder ihr
Haupt und stürzte unter furchtbaren Revolutionen die alte Freiheit. Aber
auch die Oligarchie konnte sich, wie überall, nicht behaupten, sondern
erzeugte eine Monarchie oder Kaiserherrschaft, die zuletzt in den schrecklich-
sten Despotismus und in zügellose Soldatenherrschaft ausartete, welche
endlich das in sich zerfallene, durch keine Verfassung gehaltene Weltreich
an kräftigere Barbaren übergeben mußte. So ist die römische Geschichte,
nach der Bemerkung eines neuern Geschichtschreibers, ein fortlaufender
Kommentar der Politik und des Staatsrechts und ein erklärendes Gegen-
stück der Staatsumwälzungen der neuesten Zeit.
Es läßt sich nicht läugnen, daß unsere Betrachtung der römischen
Herrlichkeit und Größe auch getrübt wird durch traurige Erscheinungen.
Roms Herrschaft vernichtete nicht allein in Italien die Selbstständigkeit,
Kultur, Sprache und Nationalität der früher blühenden Völker, der
Etrusker, Umbrer, Samniter und hellenischen Pstanzstädte, sondern zer-
störte auch die blühendsten Reiche in drei Welttheilen mit ihrer eigenthüm-
lichen Bildung, Sprache, Wissenschaft und Kunst. Diese Verschmelzung
oder Vernichtung fremder Nationalität ist durch die römische Herrschaft,
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Mai, Qm'ntilis (Juli) und Oktober auf den fünfzehnten, in den übrigen
auf den dreizehnten Tag. Von da zahlte man rückwärts acht Tage, die
Nona«, d. h. der neunte Tag, weil der, von welchem man rückwärts
rechnet, mitgezahlt wird. So zahlte man die Nonen auch rückwärts von
dem ersten Tage jedes Monats, der Calendae hieß, weil er dem versam-
melten Volk von einem Priester verkündigt werden mußte (calare). Die
Einschaltung war der Einsicht und Willkühr der Oberpriester überlassen.
Daher entstanden in der Folge so große Verwirrungen in der Zeitrechnung,
daß zu Casars Zeit das Jahr fast um eiue ganze Jahreszeit (67 Tage)
verrückt war. Julius Casar ließ daher als Oberpriester durch den
Astronomen Sosigenes aus Alerandria im Jahre 708 n. R. 46 v. Chr.
(Annu8 confusionis, das Verwirrungsjahr von 445 Tagen) in Ordnung
bringen. Der Februar war schon früher an seine jetzige Stelle gesetzt wor-
den ; der Ouintilis erhielt den Namen Julius und der Sertilis Augustus.
Das j u l i a n i sch e Jahr, das aus 365 Tagen mit einem in jedem vier-
ten Jahre eintretenden Schalttage bestand, erhielt sich bis 1582 n.chr. im
Gebrauch und gilt bei den griechischen Christen noch jetzt (der alte Styl,
12 Tage zurück). Im katholischen Abendlande trat an seine Stelle der
unter dem Pabst Gregor Xiii. durch den Veroneser Arzt Aloys Lili ver-
besserte Gregorianische Kalender, den aber die Protestanten als
den neuen Styl erst 1700 annahmen.
Die bürgerliche Jahresrechnung der Römer ist sehr unsicher, weil
man nach der Vertreibung der Könige nach den Consulpaaren die Jahre
zahlte, die anfangs ihr Amt den 1. August antraten; zur Zeit der Decem-
viren am 1. Mai; daun an den Iden des Decembers und spater an den
Iden des Marz. Erst seit 601 n. R. 153 v. Chr. traten sie am 1. Ja-
nuar ihr Amt an. Auch war die Reiheufolge, die selbst historisch nicht
sicher war, durch eingeschobene Diktatoren und andere Obrigkeiten gestört.
Noch ungewisser und, wie es scheint, ein Werk der Priester ist die Chro-
nologie der Königszeit, die 244 Jahre gedauert haben soll, und bis zur
Eroberung Roms durch die Gallier. Schon der berühmte Engländer Jsaac
Newton hat gezeigt, daß für 7 Könige die Regierungszeit von 244 Jah-
ren in einem Wahlreiche beispiellos und unmöglich ist, denn jeder hätte
müssen 35 Jahre regieren, und der letzte lebte noch 15 Jahre nach seiner
Vertreibung. Von Roms Erbauung bis zur Eroberung durch die Gallier
werden 360 Jahre gerechnet: diese Zahl ist aus Roms Grundzahlen 12
und 30 entstanden, die man in allen priesterlichen und bürgerlichen Ein-
richtungen wiedersindet. Davon gehören zwei Thcile 240 Jahre mit 4
eingeschalteten Königen an das dritte der Republik. Die Zahl 120 aber
entsteht wieder aus 10 und 12, denn auch zehn war eine priesterliche Zahl.
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Extrahierte Personennamen: Julius_Casar Julius Sertilis_Augustus Augustus Gregor_Xiii Gregor Aloys_Lili August
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machten Vorschläge der Gracchen, welche aus einem tief gefühl-
ten Bedürfnisse der Zeit hervorgehen, führt zu einem offenen
Bruche zwischen beiden Parteien. Das Volk unterliegt und fühlt
den geschärften Druck mit um so größerer Bitterkeit. Sitten-
losigkeit und Habsucht greifen immer mehr um sich, und die
Verfassung löset sich mehr und mehr auf. Sklavenaufftände er-
folgen, und bald erzwingen sich die italischen Bundesgenossen,
welche durch die vorausgehenden Kämpfe zu erhöhten Ansprüchen
gereizt worden sind, die Aufnahme ins römische Bürgerrecht.
Die Unsicherheit der Verhältnisse und das Parteiinteresse läßt
ehrgeizige Volksführer in ihnen neue gefährliche Werkzeuge finden,
und durch sie für wenige Jahre eine Gewaltherrschaft, welche
von Sulla gebrochen, und durch eine andere Gewaltherrschaft,
die der Aristokraten, ersetzt wird. Aber auch diese ist nicht von
Dauer. Sie wird allmälig von Cäsar und Pompejus unter-
graben. Ihren Untergang findet sie auf dem Schlachtfelde von
Pharsälus. Denn von nun an fragt es sich nicht mehr, ob ein
Einzelner vermittelst des Heeres und des Volkes herrschen soll,
sondern wer dieser Einzelne sein soll. Der Ausgang der Schlacht
bei Actium (31 vor Ehr.) entscheidet zuletzt für C. Julius Cäsar
Octavianus. — Bei diesem innern Verfall des Staates ent-
wickeln dennoch die Römer, wenn es bloß auf das Kriegführen
und Schlachten gewinnen ankommt, eine oft bewunderungswür-
dige Kraft. — Künste und Wissenschaften stehen in schönster Blüthe.
Dritter Ieitraum.
Rom unter Kaisern. 30 vor Chr. — 470 nach Chr.
Im Ganzen genommen — denn an einzelnen schönen Pe-
rioden fehlt es nicht — ist die Kaisergeschichte die Zeit des all-
mäligen Verfalles sowohl den innern Staatsformen nach, als
auch der nach Außen gerichteten Macht. Dieser Zeiraum kann
ebenfalls in drei Abschnitte zerlegt werden:
Erster Abschnitt. Vom Anfänge der Negierung des Kai-
sers Augusius bis zum Tode des Kaisers Marc Aurel 180.
Mit Klugheit und Milde ordnet Augustus die Verhältnisse des
Herrschers zu Senat, Heer und Volk; allein seine nächsten
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Extrahierte Personennamen: Sulla Cäsar Julius_Cäsar
Octavianus Cäsar Marc_Aurel Augustus
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gos; sie trieb lebhaften Verkehr und war berühmt als uralter
Sitz etrurischer Kunst und Religion. Hier herrschte zur Zeit
der Ankunft des Äneas in Italien Mezentius. — Im Innern
des Landes, auf beiden Seiten der Aurelischen Straße von N.
nach S. finden sich folgende Städte: Luca (Lucca), wo Cäsar
während des gallischen Feldzuges seinen Winterfitz hatte, gehörte
bis auf Augustus zu dem cisalpinischen Gallien. — Pistoria
(Pistoja), wo Catilina mit seinem Heere vernichtet wurde. —
Fäsulä (Fiesolo) hoch auf einem Felsen gelegen mit der reizenden
Aussicht in das Arnothal; Bewunderung erregen auch noch jetzt die
Ruinen eines kolossalen Theaters. — F lorentia (Florenz) am
Arno, eines der blühendsten Municipien und auch im Mittel-
alter von hoher Bedeutung. Hier war die Geburtstätte des
Dante, Michel Angelo, Macchiavelli und Amerigo Vespucci. —
Arretium (Arrezzo), die Geburtstätte des Mäcenas und des
Petrarca. — Clusium (Chiüsi), wo Porsenna herrschte. —
Perusia (Perugia), nicht weit vom See Trafimenus, bekannt
durch den perusinischen Krieg im Jahre 41 zwischen Antonius
und Octavian. — Falerii, deren Einwohner Falisci hießen,
lag auf einem steilen Bergkegel und wurde von Camillus er-
obert. Westlich von der Stadt soll der berühmte Tempel der
Voltumnä gewesen sein, bei welchem die Bundesstaaten Etru-
riens gewöhnlich ihre Versammlungen hielten. — Veji (Ein-
wohner Vejentes), die größte und mächtigste Stadt Etruriens,
welche über 100,000 Einwohner zählte. Nach der Eroberung
durch Camillus im Jahre 396 blieb sie öde und unbewohnt bis
auf Cäsar, der hier eine Kolonie gründete.
2. Latium. Dieses bildete den Mittelpunkt der römischen
Weltherrschaft. Es hatte nicht immer dieselben Grenzen. Das
alte Latium (Tatium vetus) erstreckte sich von der Tiber bis zum
Vorgebirge Circeji. Seit dem Jahre 338 v. Ehr. aber, als die
im Süden und Osten vom alten Latium wohnenden Völker, die
Aquer, Her^iker, Vols^r und Aurunker besiegt waren, wurde
das unterworfene Gebiet als Fatium novum oder ackieetum mit
eingerechnet, so daß Latium sich nun bis über den Liris hinaus
erstreckte. Es ist sehr gebirgig und wasserreich. Der Haupt- '
ström ist die Tiber (liblris) und nach dem Po der größte Fluß
Italiens. Er entspringt auf den sabinischen Apenninen oberhalb
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Extrahierte Personennamen: Luca Cäsar Augustus Catilina Arno Michel_Angelo Macchiavelli Porsenna Antonius Octavian Camillus Cäsar
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den ganzen Erdkreis erwarb, steht einzig in der Geschichte da.
Und als aus dieser Stadt schon eine Weltmonarchie geworden
war, war es immer noch die Stadt selbst, die ewige Roma, in
^ welchem man nicht bloß den Mittelpunkt, sondern gleichsam den
Inbegriff des Ganzen sah; in dem man den Begriff des Staa-
tes, die Idee des ganzen Reiches zu finden gewohnt war. Diese
Stadt stand anfangs unter Königen; dann ward sie zur Re-
publik und sank zuletzt unter der Herrschaft von Kaisern. Dem-
nach wird die römische Geschichte am füglichsten in folgende
drei, durch wesentliche Merkmale sich unterscheidende, Zeiträume
eingetheilt.
Erster Jeitraum.
Rom unter Königen. 754—509 vor Chr. (1—245 I. d. St.)
Wie die Borgeschichte Roms ungewiß und voll Fabeln war;
so haben wir auch von den ersten Jahrhunderten Roms manche
, fabelhafte, durch Dichtung und Sage vielfach ausgeschmückte
Nachrichten.4 Nom soll sieben Könige gehabt, und diese im Gan-
zen 245 Jahre regiert haben. In ihrer Hand liegt die oberste
Leitung der öffentlichen Angelegenheiten; indessen nehmen Senat
und Volksversaunnlungen der Patricier daran Theil. Das Kö-
nigthum selbst erscheint in Rom als eine vom Volke übertragene
Gewalt, die auch mit dem Tode des Königs wieder an dasselbe
zurückfällt. Bei der Erledigung des Thrones tritt ein Interreg-
num ein, dessen wesentliche Aufgabe die Bewerkstelligung einer-
neuen Wahl ist. Wie die Verfassung, so wird auch das Reli-
gionswesen und die bürgerliche Ordnung durch Einrichtungen und
Gesetze ausgebildet. Nach Außen hin sind Roms Waffen fast
in ununterbrochenem Fortschreiten, und anr Ende des Zeitraums
ist ganz Latium unterworfen. Überhaupt bilden die sieben Könige
eben so viel Abschnitte, da eines jeden Königs Regierung durch
einen bedeutenden Fortschritt in der einen oder der andern Rich-
tung bezeichnet ist.
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41
264 — 133 v. Chr. — Diese ist die glorreiche Zeit der großartig-
sten Eroberungen der Römer. Nach der Unterwerfung Italiens
lenken diese ihre Blicke auf Sicilien, dessen westliche Hälfte im
Besitze der Karthager ist. Dadurch kommen die Römer mit die-
ser großen afrikanischen Handelsrepublik in feindliche Berührung,
die drei schwere Kriege veranlaßt, deren letzter mit der völligen
Zerstörung Karthago's endigt. Auch Sicilien, Sardinien, Eor-
sika und Spanien werden unterdeß unterworfen. Nachdem Kar-
thago überwältigt ist, so folgt von selbst der Kampf mit den zwei
mächtigsten der aus Alerander's Weltherrschaft hervorgegaugenen
Reiche, mit Macedonien und Syrien. Durch den Sieg über
diese Reiche erhebt sich Rom zur ersten Macht der damaligen
Welt. Statt aber diesen Sieg, sogleich bis zur völligen Unter-
jochung dieser Reiche fortzusetzen, läßt der römische Senat sie
einstweilen bestehen, um sie erst durch seine schlaue, mit bewun-
dernswürdiger Besonnenheit und Ausdauer fortgeführte Politik
zu schwächen und aufzureiben, bis der Augenblick der Besitzer-
greifung sich von selbst darbietet. So wird erst gegen das Ende
dieses Zeitabschnittes Karthago, Afrika und ein Theil des syrischen
Reiches zur Provinz gemacht. Auch Griechenland wird auf diese
Weise nach und nach ganz unterworfen. Die Tapferkeit und die
Ausdauer der Römer ist noch dieselbe wie früher; dagegen machen
die Reichthümer, die aus den eroberten Provinzen nach Rom
fließen, der alten Sittencinfalt ein Ende und legen zugleich, in-
dem sie nothwendiger Weise einen großen Unterschied des Besitzes
herbeiführen, den ersten Grund zu den nachmaligen Bürgerkriegen.
Der Literatur und der Kunst sind diese Reichthümer und die vie-
len nach Rom herübergeführten Kunstschätze, so wie die mannig-
faltigen Berührungen mit den Griechen sehr günstig.
Dritter Abschnitt: Die Republik in ihrem Verfalle und
ihrer Auflösung, oder von den Gracchifchcn Unruhen bis zur Al-
leinherrschaft des (Octavian. 1^3—30 v. Chr. — Diese ist die Zeit
der Bürgerkriege, wo die weltbeherrschende Roma, vom Blute
der Nationen trunken, in ihre Eingeweide zu wühlen anfängt.
Der Widerstand der in dem Besitze der Ehrenstellen und Reich-
thümer sich befindenden Partei der Optimaten oder Vornehmen
gegen die zu Gunsten des gedrückten und verarmten Volkes ge-
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Extrahierte Personennamen: Octavian
Extrahierte Ortsnamen: Italiens Sicilien Sicilien Sardinien Spanien Macedonien Syrien Karthago Afrika Griechenland Rom Rom
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6. Kaiser Justinian (527—565).
Um die Zeit der ostgothischcn Unruhen nach Thcodorich's
Tode herrschte in Constantinopcl Kaiser Justinian, unter wel-
chem das griechische Reich einen ungewöhnlichen Glanz erhielt.
Er selbst zeichnete sich nicht durch große Eigenschaften aus; jedoch
besaß er die einem Herrscher nöthige Klugheit, sich mit den
fähigsten Männern seines Reiches zu umgeben, deren Verdienste
auf ihn zurückstralten. Dazu begleitete das Glück fast alle seine
Schritte. Seine kluge und entschlossene Frau Thodora, die
früher Schauspielerin und in Hinsicht ihrer Sitten übel berüchtigt
gewesen war, wußte sich eine unumschränkte Herrschaft über ihn
zu verschaffen und thätig zu seinem Ruhme mitzuwirken.
Unter seiner Regierung brach zu Constantinopel ein furcht-
barer Bürgerkrieg aus. Im Circus oder in der Rennbahn, in
welcher zur Belustigung des Volkes Fechterspiele gehalten wurden,
hatten sich schon seit längerer Zeit zwei Parteien unter den
Kämpfern gebildet, die man nach der Farbe ihrer Kleidung die
Blauen und Grünen nannte. Das Volk nahm Partei für
die Banden der Kämpfer und bildete bald zwei gefährliche Par-
teien des Staates, zumal da der Hof schwach genug war, sich
selbst für die eine oder andere Partei zu erklären. Aufruhr und
Mord füllten wiederholt die Straßen der Hauptstadt und legten
ihre schönsten Gebäude in Asche. Justinian selbst schwebte in
Lebensgefahr und wollte schon heimlich entfliehen, aber seine herz-
hafte Frau hielt ihn zurück. Nur durch Ströme von Blut
wurde endlich die Flamme des Bürgerkrieges gelöscht, und die
Ruhe wieder hergestellt.
Nun erst konnte der Kaiser ernstlich an auswärtige Ero-
berungen denken. Zuerst schickte er seinen tapferen Feldherrn
Belisar nach Nordafrika, um das vandalische Reich zu erobern.
Hier hatte Ge lim er den rechtmäßigen König des Landes, mit
Namen Hilperich, vom Throne gestoßen und in den Kerker
geworfen, sich selbst aber die Regierung angemaßt. Und als
Belisar in Afrika erschien, um den frechen Thronräuber zu be-
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Extrahierte Personennamen: Thodora
Extrahierte Ortsnamen: Constantinopcl Constantinopel Nordafrika Afrika
22
vstgothische Reich hatte zwei und sechzig Jahre, von 493 bis
555, bestanden.
Nach so vielen Gräuelauftritten bot das sonst so blühende
Italien einen erschütternden Anblick dar. Mehrere Millionen
Menschen hatte der Krieg hinweggcrasft. Hungersnoth und Seu-
chen wütheten unter denen, welche der Krieg verschont hatte.
Ganze Städte standen wie verödet, Felder lagen unbebaut, die
Unsittlichkcit griff auf eine schaudervolle Weise um sich. Und doch
war noch nicht das Ende des Jammers und des Elendes erschienen.
Dauernder als durch Eroberungen hat Justinian sein An-
denken durch innere Einrichtungen des Reiches begründet. Un-
ter der Leitung und Aufsicht seines Ministers und Günstlinges
Tribonian wurden nicht nur die Verordnungen der früheren
Kaiser als Quelle des Rechtes gesammelt (in dem sogenannten
codex Justinianeus), sondern auch eine kunstreich geordnete
Sammlung von Erklärungen und Anssprüchen berühmter Rechts-
gelehrten (digesta, pandectae) angelegt und aus dieser ein Aus-
zug als wissenschaftliches Lehrbuch des Rechtes (institutiones)
veranstaltet. Später kamen hiezu noch neue Verordnungen Ju-
stinian's unter dem Namen novellae; das Ganze ist auch unter
dem Titel eoi-pus juris, d. i. Gesetzbuch, bekannt. Dieses hat
die Weisheit alter Gesetzgeber und Rechtslehrer nicht bloß ans
die Nachwelt vererbt, sondern ist auch die Grundlage für die
Rechtsbestimmungen vieler neueren Staaten geworden. Aus diese
Weise wirkt recht sichtbar Roms Geist auch noch in dem heu-
tigen Europa fort, und Justinian ist als Vermittler dieser Wirk-
samkeit anzusehen. Außer der Sorge, die er auf die Gesetzgebung
wandte, war er darauf bedacht, viele Städte zu befestigen und
mit neuen Gebäuden zu verschönern. Ein Meisterwerk der Bau-
kunst war die von ihm erbaute Sophienkirche zu Eonstan-
tinopel, welche zum Theil noch vorhanden, aber von den Türken
in eine Moschee verwandelt ist. Sie war so prachtvoll, daß Ju-
stinian, als er sie am Tage der Einweihung zum erstenmale in
ihrem Glanze erblickte, vor Erstaunen ausrief: „Salomo, ich
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Einleitung.
7
Übereinkunft (Convenienz) zum friedlichen Verkehr, zur Ge-
sellschaft, zu einem sittlichen Ganzen sich verbunden haben.
§. 5. 9lad) der Verschiedenheit der Regierungssormen oder Verfassungen
zerfallen die Staaten in monarchische und republikanische. Monarchie
heißt der Staat, worin ein Einzig er an der Spitze steht und das Regiment führt,
dieser Einzige hat nach dem räumlichen Umfang seines Gebietes bald den Titel Kaiser
oder König, bald die Benennung Herzog oder Fürst u. dgl. — Republik
oder Freistaat (Gemeinwesen) heißt man diejenige Staatsordnung, in
welcher die Regierungsgewalt in die Hände Mehrerer gelegt wird. Hierbei
findet aber eine große Mannichfaltigkeit statt. Wird nämlich die Regierung blos
von einigen durch Geburt (Adel) oder Reichthum ausgezeichneten Geschlech-
tern geführt, so heißt man die Staatsverfaffung eine aristokratische Repu-
blik, und geht dieses Vorrecht in die Hände einiger weniger Familien oder
Personen über, so entsteht eine Oligarchie. Werden dagegen die verantwort-
lichen Leiter der Regierung von und aus dem Gesammtvolke gewählt, sei es
in allgemeinen Versammlungen oder gemeindeweise, und besitzt das Volk das
Recht der Gesetzgebung, so heißt eine solche Verfafsungsform eine Demo-
kratie oder demokratische Republik; üben aber dabei die untersten Klas-
sen einen vorherrschenden Einfluß, so entsteht eine Ochlokratie, eineherrschaft
der Masse. Jede dieser drei Verfaffungsformen galt im Alterthum für gesetzlich,
wenn das allgemeine Staatswohl und das Interesse des Ganzen als oberster
Zweck aufgestellt war und die Regierungsgewalt Gesetz und Herkommen als über
sich bestehend anerkannte; für entartet, wenn Unrechtmäßigkeit und Willkür das
Recht des Starkern an die Stelle des Hergebrachten setzte, ihr Privatinteresse
zum Staatszweck erhob, und dasselbe dem einzelnen Bürger als Gesetz aufdrängte.
— Die m anarchische Form ist entweder unbeschrankt (absolut), wenn
der erbliche Regent ohne Zuziehung des Volks Gesetze einführt, Steuern auflegt
und die Regierung und Rechtspflege einrichtet, oder beschränkt (gemischte
Staats form), wenn dies nur mit Zuziehung der Vertreter (Repräsen-
tanten) des Volks geschehen darf. Die beschränkte Monarchie, wobei
der Regent unverantwortlich ist, sich aber mit verantwortlichen Groß-
beamten (Ministern) zu umgeben hat, kann doppelter Art sein, je nachdem
das Gesammtv o lk vertreten ist (Repräsentativ-Verfassung, consti-
tutionelle Monarchie), oder die einzelnen Stän d e desselben (Stände-
vecfassung im engern, alten Sinn). Tritt die Willkür des Regenten an die
Stelle des Gesetzes, so artet die absolute Monarchie in Despotie aus; ist bei
der conftitutionellen Monarchie dievolkssouveränetät ausdrück-
lich als Quelle der Regierungs-Macht hingestellt, so nähert sich dieselbe der repu-
blikanischen Staatsform. — Diese Verfaffungsformen entwickelten sich jedoch erst
allmählich, ja eine derselben, die constitution elle Monarchie, gehört erst der
neuern Zeit an.
§. 6. Die ältesten Staaten waren einfach und einförmig und hatten
größtentheils die freiheitbeschränkende Einrichtung der Kasten. Darunter
versteht man eine strenge Scheidung der Menschen nach Stand und Beruf,
die in fester Ordnung vom Vater auf den Sohn vererben, und wobei weder
eine Vermischung noch ein Uebergang aus einer in die andere gestattet ist.
Die erste Kaste bildeten die Priester, die allein die Kenntniß der religiösen
Satzungen und Gebräuche, so wie der bürgerlichen Gesetze besaßen und ihr
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